Zur Räumungsklage ohne vorherige Mahnung
Der OGH (3 Ob 37/19s) hat hinsichtlich der Räumungsklage wegen qualifizierten Mietzinsrückstands gemäß § 1118 Fall 2 ABGB an Folgendes erinnert:
- Die Einmahnung des Mietzinsrückstands im Sinne des § 1118 Fall 2 ABGB kann auch durch Zustellung einer Mietzins- oder Räumungsklage erfolgen.
- Die Aufhebung des Bestandvertrags kann indes erst nach erfolgloser Mahnung erklärt werden. Ersetzt die Klage die Mahnung, kann daher die Auflösungserklärung erst in der Fortsetzung des Verfahrens nach fruchtlosem Verstreichen der Nachfrist erblickt werden.
- Das Räumungsbegehren ist nur dann berechtigt, wenn der qualifizierte Mietzinsrückstand zum Zeitpunkt der Zustellung der Auflösungserklärung noch besteht. Eine Auflösungserklärung im Sinne des § 1118 Fall 2 ABGB wird also nicht wirksam, wenn der Mieter den Mietzinsrückstand vor Zustellung der Erklärung beglichen hat.
Rechtlicher Hintergrund
Ein zur sofortigen Aufhebung des Bestandvertrags nach § 1118 ABGB berechtigender qualifizierter Zinsrückstand liegt vor, wenn der Bestandnehmer nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses dergestalt säumig ist, dass er mit Ablauf des Zinstermins (= zu Beginn des nächsten Zinstermins) den rückständigen Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat. Die sofortige Auflösung nach § 1118 ABGB ist mittels Räumungsklage geltend zu machen.
Rechtliche Beurteilung des OGH
a) Die Einmahnung des Mietzinsrückstands kann auch durch Zustellung einer Mietzins- oder Räumungsklage erfolgen. Eine Einmahnung im Sinne des § 1118 Fall 2 ABGB ist jedenfalls in der Zustellung einer 1 RIS-Justiz RS0021229 [T6] Mietzinsoder Räumungsklage zu erblicken, sofern die Mietzinsschuldigkeit darin hinreichend konkretisiert ist.
b) Ersetzt die Klage die Mahnung, kann die Auflösungserklärung erst in der Fortsetzung des Verfahrens nach fruchtlosem Verstreichen der Nachfrist erblickt werden. Es muss aber immer die zeitliche Abfolge – Mahnung, Nachfristgewährung und Auflösungserklärung – gewahrt werden. Die Aufhebung des Bestandvertrags kann also erst nach erfolgloser Mahnung erklärt werden; demgemäß kann – wenn mangels außergerichtlicher Mahnung die Klage erst die Mahnung ersetzt – nicht die Klage selbst, sondern nur die Weiterführung des Verfahrens als konkludente Vertragsaufhebungserklärung angesehen werden.
c) Eine Auflösungserklärung im Sinne des § 1118 Fall 2 ABGB wird nicht wirksam, wenn der Mieter den Mietzinsrückstand vor Zustellung der Erklärung beglichen hat.
Eine Auflösungserklärung im Sinne des § 1118 ABGB wird nicht wirksam, wenn der Mieter den Mietzinsrückstand vor Zustellung der Erklärung beglichen hat. Das Räumungsbegehren ist also nur dann berechtigt, wenn der qualifizierte Mietzinsrückstand zum Zeitpunkt der Abgabe der Auflösungserklärung (oder der diese ersetzenden Fortführung des Räumungsprozesses) noch bestand.
War – wie hier – die Mietzins- und Räumungsklage (erst) die Mahnung, bedarf es nach der Nachfristgewährung auch einer (allenfalls konkludenten) Vertragsaufhebungserklärung, die nicht in bloßer Untätigkeit des Bestandgebers bis zur nächsten Tagsatzung erblickt werden kann.
Zum Sachverhalt: Die Klägerin hat zwar ihr Zahlungsbegehren davor durch zwei Schriftsätze um die Mietzinse für Mai und Juni 2018 ausgedehnt; diese gelangten dem Beklagten aber erst mit der Zustellung am 2. Juli 2018 zur Kenntnis, also – wie schon des Berufungsgericht betonte – erst nach Zahlung des damals bestehenden Rückstands am 29. Juni 2018. Für die Maßgeblichkeit einer stillschweigenden Willenserklärung ist jedoch der Eindruck entscheidend, den der Erklärungsempfänger von der Erklärung haben musste.
d) Entscheidung des vorliegenden Falls
Zum Sachverhalt: Aus der relevanten Sicht des Beklagten erfolgte die Zahlung des Rückstands somit vor Zugang einer (schlüssigen) Auflösungserklärung, sodass diese ihm gegenüber keine Wirkung entfalten konnte. Die Abweisung der Räumungsklage durch das Berufungsgericht ist daher nicht korrekturbedürftig. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.