Wir sind für Sie da:
0316 / 829519
office@hausbesitzer.at

Zur Mietzinsminderung wegen fehlenden Elektrobefunds

FH-Doz. Mag. Christoph Kothbauer

Der OGH (1 Ob 10/22k) hatte sich mit einem von einer Mieterin (unter anderem) aufgrund eines fehlenden Elektro­befunds gemäß ETV geltend gemachten Miet­zins­minderungs­anspruch zu befassen und gelangte hierbei zu folgenden Ergebnissen:

  • Das Ausmaß der Zins­minderung richtet sich nach dem Grad und der Dauer der Un­brauch­bar­keit des Bestand­objekts.
  • Im vor­liegenden Fall liege in der Beurteilung des Berufungs­gerichts, für das (allein fest­gestellte) Fehlen eines Elektro­befunds im Sinne der ETV 2002 und der darauf beruhenden vom Vermieter nicht widerlegten Vermutung der Gefährlichkeit der elek­trischen Anlage sei eine Miet­zins­minderung von 20% angemessen, nach Ansicht des OGH keinesfalls eine im Einzelfall auf­zu­greifende klare Fehl­be­urteilung.
  • Über die vermutete Gefährlichkeit hinaus­gehende funk­tionelle Beeinträchtigungen des Miet­gegen­stands (ins­besondere im Hinblick auf die Zuverlässigkeit der Strom­versorgung, die Funk­tionali­tät des FI-Schalters und die Ver­wendungs­fähigkeit haus­halts­üblicher Elektro­geräte) konnten schon deshalb nicht fest­gestellt werden, weil die Mieterin dem vom Gericht be­auftragten Sach­verständigen trotz mehrerer Versuche keinen Zutritt in die Wohnung ermöglichte. Damit könne sie sich durch die Zuerkennung einer Miet­zins­minderung von 20% allein für das Fehlen des Elektro­befunds keinesfalls als beschwert erachten. - Die Beweis­last dafür, dass ein Mangel vorliegt, der eine Zins­minderung recht­fertigt, trifft nämlich den Bestand­nehmer.

Rechtlicher Hintergrund

Gemäß § 7 ETV 2020 (bzw. davor § 7a ETV 20021) ist bei Vermietung einer Wohnung gemäß § 2 Abs. 1 MRG sicher­zu­stellen, dass die elektrische Anlage der Wohnung den Be­stimmungen des ETG 1992 entspricht; bei Anlagen, die in Steck­dosen­strom­kreisen über keinen zusätzlichen Schutz (Zusatz­schutz) gemäß § 2 Abs. 2 verfügen, ist, unbeschadet des vorhandenen An­lagen­zustandes, der Schutz von Personen in der elek­trischen Anlage durch den Einbau mindestens eines Fehler­strom­schutz­schalters mit einem Nenn­fehler­strom von nicht mehr als 30 mA unmittelbar vor den in der Wohnung be­findlichen Leitungs­schutz­ein­richtungen, sicher­zu­stellen. Liegt hierüber keine geeignete Dokumentation vor, so kann die Mieterin bzw. der Mieter der Wohnung nicht davon ausgehen, dass die elektrische Anlage diesen An­forder­ungen entspricht.

Rechtliche Beurteilung des OGH

a) Die Beweis­last für Umstände, die Miet­zins­minderung recht­fertigen, liegt beim Mieter

Die Beweis­last dafür, dass ein Mangel vorliegt, der eine Zins­minderung recht­fertigt, trifft den Bestand­nehmer.1

Zum Sachverhalt: Die behaupteten Mängel zu Heizung, Warmwasser und Strom­versorgung (an sich) waren nicht erweislich gewesen. Es konnte nicht fest­gestellt werden, dass in der Wohnung die Heizung oder Strom­versorgung nicht funk­tioniert oder die „Wärme­ver­sorgung mit Heizung und Warmwasser“ nicht gewähr­leistet gewesen wäre.

b) Das Ausmaß der Zins­minderung richtet sich nach dem Grad und der Dauer der Un­brauch­barkeit und begründet in der Regel keine erhebliche Rechts­frage

Das Ausmaß der Zins­minderung richtet sich nach dem Grad und der Dauer der Un­brauch­barkeit des Bestand­objekts2, was nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist und damit regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufwirft.3

c) Konkreter Fall: Miet­zins­minderung im Ausmaß von 20% für die vermutete Gefähr­lich­keit der elek­trischen Anlage – darüber hinaus­gehende Mängel des Miet­gegen­stands sind nicht ersichtlich

Zum Sachverhalt: In der Beurteilung des Berufungs­gerichts, für das (allein fest­gestellte) Fehlen eines Elektro­befunds im Sinne des § 7a ETV 2002 und der darauf beruhenden vom Vermieter nicht widerlegten Vermutung der Gefährlichkeit der elek­trischen Anlage sei eine Miet­zins­minderung von 20% angemessen, liegt keinesfalls eine im Einzelfall auf­zu­greifende klare Fehl­be­urteilung anlässlich dieser Ermessens­ent­scheidung. Die Mieterin beruft sich dazu auf die zu 3 Ob 104/20w ergangene Ent­scheidung und fordert eine „höhere Zins­minderung“ mit der Begründung, für die (Benutzung der) Therme sei die Strom­ver­sorgung un­abding­bare Vor­aus­setzung, diese könne „aufgrund der Ge­fährlich­keit an elek­trischen Leitungen nicht ordnungs­gemäß in Betrieb genommen werden“, weswegen es an der Beheiz­bar­keit der Wohnung fehle. Der zu 3 Ob 104/20w ent­schiedene Fall lässt sich aber mit dem vor­liegenden nicht vergleichen. Damals ging es um eine Wohnung, die in einem bestimmten Bereich wegen eines still­gelegten Kamins und einer ge­sperrten Gaszufuhr nicht beheizt werden konnte. Von einer fehlenden Be­heiz­bar­keit der Wohnung kann aber hier – angesichts der nicht fest­gestellten Mängel – nicht die Rede sein. Dass im vor­liegenden Fall die Beklagte als Mieterin (anders als in dem zu 4 Ob 83/19p ent­schiedenen Fall) den Elektro­befund jemals abgefordert oder wegen dessen Fehlen ihr Nutzungs­verhalten ein­ge­schränkt oder verändert hätte, hat sie nie vor­gebracht.

Der im Verfahren beigezogene Sach­ver­ständige hatte den Auftrag (unter anderem) ein Gutachten darüber zu erstatten, ob die Strom­versorgung und der FI-Schalter ordnungs­gemäß funk­tionieren und ins­besondere haushalts­übliche Elektro­geräte (Haarföhn, Kaffee­maschine, Herd) in Betrieb genommen werden können. Die Befund­aufnahme scheiterte, weil die Mieterin dem Sach­ver­ständigen trotz mehrerer Versuche (auch in An­wesen­heit des Gerichts) keinen Zutritt in die Wohnung ermöglichte. Damit kann sie sich durch die Zuerkennung einer Miet­zins­minderung von 20% allein für das Fehlen des Elektro­befunds ohne darauf beruhende Ein­schränkung im Nutzer­verhalten keines­falls als beschwert erachten.

d) Entscheidung des vorliegenden Falls

Zum Sachverhalt: Die außer­ordent­liche Revision der Mieterin wird gemäß § 508a Abs. 2 ZPO mangels der Voraus­setzungen des § 502 Abs. 1 ZPO zurück­gewiesen. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Anmerkungen

Zur vermuteten Ge­fährlich­keit der elek­trischen Anlage aufgrund eines fehlenden Elektro­befunds im An­wendungs­bereich des § 7a ETV 2002 (bzw. nunmehr: § 7 ETV 2020) und einer hieraus ab­zu­leitenden Un­brauch­barkeit der Wohnung siehe 5 Ob 66/18v (dem Vermieter steht es offen, im Einzel­fall zu beweisen, dass von der Anlage keine Gefährdung ausgeht; auf das Kriterium der älteren Recht­sprechung, dass die Mängel der Anlage solche sein müssten, die den Energie­versorger im Sinn des § 9 Abs. 4 ETG ver­pflichten, die Anlage sofort abzustellen, ist seit In­kraft­treten des § 7a ETV 2002 nicht mehr ab­zustellen).

Zu einer eben­solchen vermuteten Ge­fährlich­keit und einem hieraus ab­zu­leitenden Miet­zins­minderungs­anspruch siehe 4 Ob 83/19p (aufgrund der Ver­mutungs­wirkung hat der Mieter für die Geltend­machung seines Miet­zins­minderungs­anspruchs die Gefährlichkeit der elek­trischen Anlage nicht zu behaupten und zu beweisen, sondern nur die Vermutungs­basis, also den Umstand, dass die Anlage nicht dem ETG 1992 entspricht bzw. keine – einwand­freie – Dokumentation gemäß § 7a ETV 2002 (bzw. nunmehr: § 7 ETV 2020) vorliegt; Tatsachen, für deren Vorhanden­sein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen nämlich keines Beweises; der Miet­zins­minderungs­anspruch des Mieters währt so lange, bis der Vermieter im Einzelfall den (Gegen-)Beweis erbracht hat, dass von der Anlage keine Gefährdung und keine daraus folgende Ge­brauchs­beein­trächti­gung ausgeht).

Nach der Ent­scheidung 5 Ob 91/19x gilt die Dokumentations­pflicht gemäß § 7a ETV 2002 (bzw. nunmehr: § 7 ETV 2010) und die sich hieraus ergebende Beweis­last­umkehr hin­sichtlich der (Un-)Gefährlich­keit der Anlage bei fehlender, mangel­hafter oder negativer Dokumentation nur in der Voll­anwendung des MRG.4


  1. RS0021416 [T1]. ↩︎

  2. RS0021324. ↩︎

  3. RS0021324 [T3]; RS0108260 [T2]. ↩︎

  4. Dies ist insofern nicht folgerichtig, als die Bestimmung des § 2 Abs. 1 MRG, auf welche in der ETV verwiesen wird, formal zwar nur in der Vollanwendung des MRG gilt, von der Rechtsprechung (RS0069464; RS0108981; 4 Ob 556/90) aufgrund seiner Allgemeinheit aber auch für den Teilanwendungsbereich des MRG für anwendbar erklärt wird. ↩︎

Zurück

Diese Website nutzt Cookies. Durch die Nutzung dieser Seite sind Sie mit der Verwendung von Cokkies einverstanden. Nähere Informationen zu Cookies finden Sie hier.