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Zur Kündigung von unregelmäßig verwendeter Wohnung

FH-Doz. Mag. Christoph Kothbauer

Der OGH (9 Ob 40/20b) hat in einem aktuellen Fall zum Kündigungsgrund der nicht regelmäßigen Verwendung der vermieteten Wohnung zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder einer eintrittsberechtigten Person (§ 30 Abs. 2 Z 6 MRG) folgende Feststellungen getroffen:

  • Ob eine regelmäßige Verwendung des Mietgegenstands zu Wohnzwecken erfolgt, unterliegt einer Einzelfallbeurteilung.
  • Selbst die Benützung mehrerer Wohnungen erfüllt noch nicht den Kündigungstatbestand der nicht regelmäßigen Verwendung zu Wohnzwecken, solange der Mittelpunkt der Lebenshaltung zumindest zum Teil in der aufgekündigten Wohnung liegt.
  • Wurde eine Wohnung mit der Absicht der Erweiterung des bisherigen Wohnbereichs gemietet, ist faktisch von einer Wohneinheit auszugehen – der Kündigungstatbestand der nicht regelmäßigen Verwendung zu Wohnzwecken ist damit nicht erfüllt.

Rechtlicher Hintergrund

Der – im kündigungsgeschützten Voll- und Teilanwendungsbereich des MRG relevante – Kündigungsgrund nach § 30 Abs. 2 Z 6 MRG setzt die fehlende regelmäßige Verwendung des aufgekündigten Objekts zu Wohnzwecken und den Mangel eines dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder eintrittsberechtigter Personen voraus.1 Den Nachweis für das Fehlen der regelmäßigen Verwendung hat der Vermieter zu erbringen.2

Rechtliche Beurteilung des OGH

a) Ob eine regelmäßige Verwendung des Mietgegenstands zu Wohnzwecken erfolgt, unterliegt einer Einzelfallbeurteilung

Die Beurteilung der Frage, ob von einer regelmäßigen Verwendung zu Wohnzwecken gesprochen werden kann, hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab und stellt daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 1 ZPO dar, soweit nicht eine krasse Fehlbeurteilung vorliegt.3

b) Selbst die Benützung mehrerer Wohnungen erfüllt noch nicht den Kündigungstatbestand der nicht regelmäßigen Verwendung zu Wohnzwecken, solange der Mittelpunkt der Lebenshaltung zumindest zum Teil in der aufgekündigten Wohnung liegt

Selbst die Benützung mehrerer Wohnungen erfüllt noch nicht den Kündigungstatbestand nach § 30 Abs. 2 Z 6 MRG, solange der Mittelpunkt der Lebenshaltung zumindest zum Teil in der aufgekündigten Wohnung liegt.4

Gemeinsame Wirtschaftsführung wird etwa dann angenommen, wenn eine Familie in zwei unmittelbar benachbarten Wohnungen gemeinsam wirtschaftet, wobei es unerheblich ist, in welcher Wohnung der Schwerpunkt der Wirtschaftsführung liegt. Dies gilt auch, wenn zu einer Kleinwohnung eine weitere Wohnung im selben Haus für Wohnzwecke angemietet wird. Beide Wohnungen bilden dann, auch wenn zwei Bestandverträge vorliegen, faktisch eine Wohneinheit.5

Zum Sachverhalt: Aber auch der Umstand, dass der Beklagte Mieter von zwei Wohnungen im selben Haus ist, die allenfalls nicht mehr der Kategorie „Kleinwohnungen“ zugerechnet werden können, begründet entgegen der Ansicht der Vermieter kein Abweichen des Berufungsgerichts von der herrschenden Rechtsprechung.6

c) Wurde eine Wohnung mit der Absicht der Erweiterung des bisherigen Wohnbereichs gemietet, ist faktisch von einer Wohneinheit auszugehen – der Kündigungstatbestand der nicht regelmäßigen Verwendung zu Wohnzwecken ist damit nicht erfüllt

Ist davon auszugehen, dass der erkennbare Zweck der Anmietung einer weiteren Wohnung in der Erweiterung des bisherigen Wohnbereichs bestand, ist unabhängig von dem Umstand, dass zwei Mietverträge vorliegen, faktisch eine Wohneinheit anzunehmen.7

Dass dabei der Schwerpunkt der Wirtschaftsführung in einem Objekt liegt und die zweite Wohnung nur für untergeordnete Zwecke genutzt wird, schadet dabei nicht, werden doch auch bei einer einheitlichen Wohnung nicht alle Räume in derselben Intensität genutzt und finden einzelne „nur“ als Abstell- oder Schrankraum und Arbeitszimmer Verwendung.

Zum Sachverhalt: Daher kommt es auch nicht notwendigerweise darauf an, ob in beiden Wohnungen eine aufrechte Gaszufuhr vorhanden ist, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die Gastherme vom Mieter selbst eingebaut wurde.

d) Entscheidung des vorliegenden Falls

Zum Sachverhalt: Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Kündigungsgrund im konkreten Fall nicht erfüllt ist, hält sich im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessenspielraums. Mangels Darstellung einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs. 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Vermieter gemäß § 508a Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs.3 Satz 3 ZPO).

Anmerkungen

Der Tatbestand des § 30 Abs. 2 Z 6 MRG setzt voraus, dass die vermietete Wohnung von niemandem mehr regelmäßig verwendet wird. In Abweichung vom Gesetzestext steht daher nicht nur die regelmäßige Verwendung der Wohnung durch den Mieter oder nach § 14 Abs. 3 MRG eintrittsberechtigter Personen einer Kündigung nach § 30 Abs. 2 Z 6 MRG entgegen, sondern die regelmäßige Verwendung der Wohnung durch wen auch immer. Der Mieter vermag die Kündigung nach § 30 Abs. 2 Z 6 MRG abzuwenden, wenn er beweist, die Wohnung für sich oder eine nach § 14 Abs. 3 MRG eintrittsberechtigte Person8 in naher Zeit dringend zu benötigen. Der Bedarf muss konkret sein, eine bloß vage Rückkehrabsicht reicht hierbei nicht aus.9

Liegt – im Gegensatz zum Kündigungstatbestand des § 30 Abs. 2 Z 6 MRG – eine Verwendung der Wohnung vor, dies aber durch andere Nutzer als den Hauptmieter oder nach § 14 Abs. 3 MRG eintrittsberechtigte Personen, so ist der Tatbestand des § 30 Abs. 2 Z 4 Fall 1 MRG erfüllt. Dieser Tatbestand setzt die gänzliche Weitergabe des Mietgegenstands an andere als nach § 14 Abs. 3 MRG eintrittsberechtigte Personen10 voraus. Der Mieter vermag diesfalls die Kündigung abzuwenden, wenn er beweist, dass zum Zeitpunkt der Weitergabe ein Bedarf des Mieters oder nach § 14 Abs. 3 MRG eintrittsberechtigter Personen in naher Zeit gegeben war.

Hinsichtlich der Frage, ob der Mieter den Mietgegenstand offenbar auch in naher Zukunft nicht für sich oder eine eintrittsberechtigte Person dringend benötigen wird, kommt es nicht so sehr auf den Zeitraum, sondern auf die gesicherte Zukunftsprognose an.11 Unter "offenbar naher Zeit" kann auch ein Zeitraum von mehr als einem Jahr verstanden werden; es muss aber jedenfalls eine konkrete Notwendigkeit des künftigen Bedarfes erwiesen sein.12 Die Beweispflicht, dass der Mieter den Mietgegenstand in naher Zeit benötigt, trifft den Mieter.13 Er hat konkrete Behauptungen über sein schutzwürdiges Interesse aufzustellen.14


  1. RIS-Justiz RS0070217. ↩︎

  2. Vgl RIS-Justiz RS0079350. ↩︎

  3. RIS-Justiz RS0079241 [T13, T17]. ↩︎

  4. RIS-Justiz RS0079252. Der Kündigungsgrund des § 30 Abs. 2 Z 6 MREG wird indes verwirklicht, wenn die Wohnung wird nur (mehr) als „gelegentliches Absteigquartier“ verwendet wird und der künftige Bedarf des Mieter bzw der Mieterin an der Wohnung zudem nur eine abstrakte Möglichkeit darstellt. Vgl hierzu 5 Ob 70/17f. ↩︎

  5. 2 Ob 121/02m mit weiteren Nachweisen. ↩︎

  6. Vgl 5 Ob 187/13f; 8 Ob 84/14g. ↩︎

  7. Vgl RIS-Justiz RS0068547. ↩︎

  8. Eine bloß vorübergehende Abwesenheit des Mieters beendet nach der Rechtsprechung den – für das Eintrittsrecht ja maßgeblichen – gemeinsamen Haushalt mit der eintrittsberechtigten Person noch nicht. ↩︎

  9. Vgl hierzu etwa 5 Ob 77/15g und 10 Ob 105/15m. ↩︎

  10. Damit sind Personen gemeint, die ein Eintrittsrecht hätten, wenn der Hauptmieter zum Zeitpunkt der Weitergabe verstorben wäre. ↩︎

  11. 1 Ob 179/04m mit weiteren Nachweisen. Vgl hierzu auch 5 Ob 142/08f. ↩︎

  12. RIS-Justiz RS0068919. ↩︎

  13. RIS-Justiz RS0068946; RS0070679. ↩︎

  14. 5 Ob 83/08d. ↩︎

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