Zur Gebührenpflicht bei Fruchtgenussrechten
Kommentar von Dr. Stefan Drawetz (Steuerexperte, Leiter der Steuergruppe vom ÖHGB).

Endlich herrscht höchstgerichtliche Klarheit: Wird eine Immobilie unentgeltlich übertragen und behält sich der Geschenkgeber dabei das Recht vor, die Immobilie weiterhin zu vermieten (sog. „Vorbehaltsfruchtgenussrecht“), wobei er sich gleichzeitig verpflichtet, dem neuen Eigentümer die durch seine Nutzung bedingte Wertminderung in Höhe der Absetzung für Abnutzung (AfA) zu bezahlen (sog. „Substanzabgeltung“), dann unterliegt dieser Vertrag nicht der Gebührenpflicht nach dem Gebührengesetz!
Mit dieser Erkenntnis erteilt der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) dem Finanzministerium, das die gegenteilige Meinung vertrat, eine Absage. Das Finanzministerium war der Ansicht, dass derartige Verträge aus zwei selbstständigen Komponenten bestehen: dem gebührenfreien Schenkungsvertrag und der gebührenpflichtigen Fruchtgenusseinräumung gegen Substanzabgeltung (= entgeltlicher Dienstbarkeitsvertrag). Der VwGH dagegen erblickt in solchen Verträgen ein einheitliches Rechtsgeschäft, nämlich eine Schenkung mit Zusatzvereinbarungen, weshalb die Befreiungsbestimmung des Gebührengesetzes zur Anwendung gelangt.