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Neue mietrechtliche Richtwerte ab April 2023

FH-Doz. Mag. Christoph Kothbauer

Nach­dem es vor dem Hinter­grund einer zurzeit hohen Inflation bis zuletzt ein heftiges politisches Tau­ziehen um eine so­genannte „Miet­preis­bremse“ gegeben hat, wird nun doch mit 1. April 2023 die mit dem RichtWG ge­regelte An­passung der Richt­werte miet­recht­liche Wirksam­keit er­langen. Dieser Beitrag informiert Sie über die Änderungen und die damit ver­bundenen Konsequenzen – vor allem im Hin­blick auf die Vors­chreibung der an­ge­hobenen Haupt­miet­zinse – im Detail.

Neue Richtwerte ab 1. April 2023

a) Allgemeines

Bis zuletzt haben in der Bundes­regierung intensive und auch medial begleitete Debatten darüber statt­gefunden, ob nicht zur Ent­lastung der Mieter angesichts der anhaltend hohen Inflation die gesetz­liche Valorisierung der Richt­werte in Gestalt einer „Miet­preis­bremse“ zwar nicht ausgesetzt, aber doch immerhin verzögert werden sollte – etwa durch eine Auf­teilung des sich aus der Ver­änderung des VPI 2010 er­gebenden Aus­maßes der Er­höhung auf drei Jahre. Seit gestern steht fest, dass es zu einem der­artigen Eingriff in das RichtWG nicht kommen wird, und eine sozial­politisch als wünschens­wert erachtete Ent­lastung der Mieter statt­dessen durch Wohn­kosten­bei­hilfen in Gestalt einer Ein­mal­zahlung bewerk­stelligt werden soll.

Trotz der mancher­orts bereits ge­äußerten Kritik an dieser Lösung auf­grund der Tat­sache, dass mit ihr – anders als bei einer „Miet­preis­bremse“ – kein inflations­dämpfender Effekt ausgelöst wird, hat sie immer­hin den Vorteil sozialer Treff­sicher­heit (statt eines „Gieß­kannen­systems“ wird auf soziale Schutz­würdig­keit ab­ge­stellt, und es werden alle ein­kommens­schwachen Personen, die Wohn­kosten zu leisten haben, ent­lastet, nicht nur Mieter im relativ engen Segment des Richt­wert­miet­zinses). Sie ver­meidet über­dies einen erneuten Eingriff1 in be­stehende Miet­ver­hältnisse (ent­täuscht daher schutz­würdiges Ver­trauen in den Rechts­bestand nicht und wahrt damit – ganz im Interesse des Wirt­schafts­standorts Österreich – Investitions- und Finanzierungs­sicherheit).

Gemäß § 5 Abs. 2 RichtWG werden somit auf der Grund­lage des Jahres­durch­schnitts­wertes des VPI 2010 für das Jahr 2022 (= 133,6)2 am 1. April 2023 neue Richt­werte miet­recht­lich wirksam werden.

Die Richt­werte ver­mindern oder er­höhen sich gemäß § 5 Abs. 2 RichtWG in dem Maß, das sich aus der Ver­änderung des von der Bundes­anstalt Statistik Österreich ver­laut­barten Jahres­durch­schnitts­werts des VPI 2010 des jeweiligen Vor­jahrs gegen­über dem Indexwert 116,3 (Durch­schnitts­wert des Jahres 2018) ergibt. Bei der Berechnung der neuen Richt­werte sind Beträge, die einen halben Cent nicht über­steigen, auf den nächst­niedrigeren ganzen Cent abzu­runden und Beträge, die einen halben Cent über­steigen, auf den nächst­höheren ganzen Cent aufzu­runden. Die neuen Beträge gelten jeweils ab dem 1. April des be­treffenden Jahres.

b) Übersicht über die neuen Richt­werte ab 1. April 2023

Bundesland Richtwerte alt von 1.4.2022 bis 31.3.2023 (in Euro) Richtwerte neu ab 1.4.2022 (in Euro)
Burgenland 5,61 6,09
Kärnten 7,20 7,81
Niederösterreich 6,31 6,85
Oberösterreich 6,66 7,23
Salzburg 8,50 9,22
Steiermark 8,49 9,21
Tirol 7,50 8,14
Vorarlberg 9,44 10,25
Wien 6,15 6,67

c) Miet­recht­liche Wirk­samkeit ab 1. April 2023

Die miet­recht­liche Wirk­samkeit der neuen Richt­werte wird am 1. April 2023 eintreten. Dies bedeutet, dass die Er­mittlung des Richt­wert­miet­zinses für neue Miet­ver­träge ab 1. April 2023 auf der Basis der neuen Richt­werte erfolgen kann.

d) Kund­machung durch die Bundes­ministerin für Justiz

Die Bundes­ministerin für Justiz hat die ge­änderten Richt­werte und den Zeit­punkt, in dem die Richt­wert­änderung miet­recht­lich wirksam wird, im BGBl kund­zumachen (§ 5 Abs. 2 RichtWG).

e) Erhöhung auf­grund vertrag­licher Wert­sicherungs­ver­einbarungen ab der Miet­zins­periode Mai 2023

Miet­zins­er­höhungen bei be­stehenden Richt­wert­miet­verträgen mit ent­sprechenden Wert­sicherungs­ver­ein­barungen können ab der Miet­zins­periode Mai 2023 begehrt werden.

Bezüglich der Geltend­machung ist auf die Form­er­fordernisse des § 16 Abs. 9 Satz 2 MRG hin­zuweisen: Das Erhöhungs­begehren hat schriftlich zu erfolgen und ist nach dem Eintritt der miet­recht­lichen Wirk­samkeit der Ver­änderung (also nicht vor dem 1. April 2023) abzu­senden. Das Schreiben muss wenigstens 14 Tage vor dem Zins­termin, zu welchem die Erhöhung begehrt wird, in der Regel also – unter Berück­sichtigung des nach § 15 Abs. 3 MRG idF ZVG3 frühest­möglichen Fällig­keits­termins am Monats­fünften4spätestens am 21. April 2023 beim Mieter einlangen.

Achtung! Langt das Schrift­stück später als 14 Tage vor dem nächsten Zins­termin beim Mieter ein, so wird die Erhöhung des Haupt­miet­zinses erst zum über­nächsten Zins­termin (Juni 2023) wirksam. Wird das Schreiben jedoch zu früh datiert bzw. abgeschickt, so entfaltet es überhaupt keine Rechts­wirkungen: Der Mieter ist weder zum in Aussicht genommenen noch zu einem späteren Termin zur Zahlung der wert­sicherungs­bedingten Erhöhung ver­pflichtet. Um in einem solchen Fall zu einer wirksamen Anhebung des Miet­zinses zu gelangen, muss der Vermieter dem Mieter ein neuer­liches schrift­liches Er­höhungs­begehren übermitteln.

f) Neue Grund­kosten­anteile ab 1. April 2023 (relevant für die Ermittlung der Höhe des Lage­zuschlags gemäß § 16 Abs. 3 MRG)

Durch die Anhebung der Richt­werte verändern sich am 1. April 2023 auch die der Richt­wert­er­mittlung zugrunde gelegten Grund­kosten­anteile (GKA) gemäß § 3 Abs. 2 und 5 RichtWG wie folgt5:

Bundesland GKA alt von 1.4.2022 bis 31.3.2023 (in Euro) GKA neu ab 1.4.2022 (in Euro)
Burgenland 53,69 58,28
Kärnten 130,90 141,99
Niederösterreich 152,20 165,22
Oberösterreich 149,85 162,68
Salzburg 292,74 317,54
Steiermark 203,51 220,76
Tirol 204,30 221,73
Vorarlberg 321,43 349,01
Wien 317,52 344,37

Gemäß § 16 Abs. 3 MRG beträgt der zulässige Lage­zuschlag 0,33 Prozent der Differenz zwischen dem der Richt­wert­ermittlung zugrunde gelegten Grund­kosten­anteil des betreffenden Bundes­landes und dem der Lage des Hauses ent­sprechenden Grund­kosten­anteil je m² (im Neu­baufall erziel­barer) Nutzfläche und Monat.

Achtung! Nach mittler­weile ständiger höchst­gericht­licher Recht­sprechung6 entfaltet der Grund­kosten­vergleich gemäß § 16 Abs. 3 MRG nur für die Ermittlung des Lage­zuschlags der Höhe nach Relevanz. Für die Berechtigung eines Lage­zuschlags dem Grunde sei die Fest­stellung der Über­durch­schnitt­lichkeit der konkret zu beurteilenden Lage (Wohn­umgebung) vonnöten. Diese könne nicht schon allein aus einem gegenüber der miet­recht­lichen Norm­wohnung höheren Grund­kosten­anteil abgeleitet werden. Es bedürfe vielmehr einer Prüfung, ob im konkreten Einzelfall die Lage (Wohn­umgebung) der Liegen­schaft, auf der sich eine Wohnung befindet, nach der allgemeinen Ver­kehrs­auf­fassung und Erfahrung des täglichen Lebens besser als die durch­schnitt­liche Lage (Wohn­umgebung) ist. Bezüglich der durch­schnitt­lichen Lage (Wohn­umgebung) sei in Wien der Vergleich nicht mit dem gesamten Stadt­gebiet (bzw. in den übrigen Bundes­ländern: mit dem gesamten Gebiet des jeweiligen Bundes­landes) anzustellen, sondern nur mit jenen Wohn­gegenden, die einander nach der Verkehrs­auf­fassung in ihren Be­bauungs­merkmalen gleichen und (daher) ein einiger­maßen einheit­liches Wohngebiet darstellen („Referenz­gebiets­judikatur“).7

g) Nächste Anpassung der Richt­werte am 1. April 2025

Gemäß § 5 Abs. 2 RichtWG wird – sofern es nicht zu gesetz­lichen Änderungen oder Eingriffen in die bestehende Systematik kommt (womit ja aufgrund der sozial­politischen Bedeutung des Miet­rechts stets gerechnet werden muss) – die nächste Anpassung der Richt­werte am 1. April 2025 erfolgen.

Der allgemeine Valorisierungs­rhythmus (miet­recht­liche Wirk­samkeit der Änderung der Richt­werte zu jedem 1. April eines ungeraden Jahres auf der Grund­lage des Jahres­durch­schnitts­werts des VPI 2010 des jeweiligen Vorjahres, somit also alle zwei Jahre) wurde in der jüngeren Vergangen­heit lediglich durch das MPFLG8 durchbrochen, das die Anpassung der Richt­werte im Jahr 2021 ausgesetzt hat und statt­dessen eine – demnach verzögerte – Anpassung erst am 1. April 2022 stattgefunden hat.


  1. An derartige Eingriffe durch das MILG (BGBl I 2008/50), das 2. MILG (BGBl I 2016/12) und das MPFLG (BGBl I 2021/59) sei erinnert. ↩︎

  2. Gegenüber dem Jahres­durch­schnitts­wert des VPI 2010 für das Jahr 2018 (116,3) als Vergleichs­zahl. ↩︎

  3. BGBl I 2013/50. ↩︎

  4. Die Kund­machungen des Bundes­ministers bzw. der Bundes­ministerin für Justiz zu den Kategorie­beträgen gemäß § 16 Abs. 6 MRG setzen den „Zinstermin“ im Sinne des § 16 Abs. 9 MRG stets mit „Miet­zins­fälligkeit“ gleich, die nunmehr aufgrund des § 15 Abs. 3 MRG idF ZVG frühestens am Monats­fünften eintritt. Die Frist von 14 Tagen ist also vom Fällig­keits­termin (in der Regel Monats­fünfter) und nicht vom Beginn der Miet­zins­periode (Monats­erster) zurück­zurechnen. Dies gilt auch für die Vor­schreibung von angehobenen Haupt­miet­zinsen aufgrund einer Erhöhung der Richt­werte. ↩︎

  5. Formel: Richtwert*(Zahl des in der Kund­machung für das jeweilige Bundes­land verlaut­barten Prozent­satzes für den Grund­kosten­anteil/100)*12*(100/4); gekürzt also: Richt­wert*Zahl des verlaut­barten Prozent­satzes für den Grund­kosten­anteil*3. Die maß­geblichen Prozent­sätze für die Bundes­länder lauten wie folgt: Burgenland 3,19%; Kärnten 6,06%; Niederösterreich 8,04%; Oberösterreich 7,50%; Salzburg 11,48%; Steiermark 7,99%; Tirol 9,08%; Vorarlberg 11,35%; Wien 17,21%; ↩︎

  6. Vgl 5 Ob 74/17v ↩︎

  7. RS0131812 ↩︎

  8. BGBl I 2021/59. ↩︎

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