Mieterhöhung – Wann kann der Vermieter den Mietzins erhöhen?
Bei der Wertsicherung des Mietzinses sind in der Praxis viele Formalismen und Fallstricke zu beachten. Das betrifft sowohl die Vereinbarung als auch die Geltendmachung des Mietzinses. Nachfolgend gibt Ihnen der ÖHGB Landesverband Steiermark einen Überblick über diese für Vermieter wichtige Materie.
Eine Wertsicherungsklausel liegt vor, wenn die Parteien im Hinblick auf eine zu erwartende Änderung der Kaufkraft des Geldes oder der Währung vereinbaren, dass die auf Grund des Vertrages in Zukunft zu erbringende Geldleistung oder Gegenleistung in Geld entsprechend einem bestimmten oder wenigstens bestimmbaren Wertmaßstab den Änderungen der Kaufkraft des Geldes oder der Währung gemäß sich erhöhen oder ermäßigen solle, wobei eine solche Änderung der Leistung oder Gegenleistung von selbst einzutreten habe, ohne dass es einer weiteren Vereinbarung bedürfte (Rechtssatz OGH, Rechtssatznummer RS0019144).
Praxistipps:
- Prüfen Sie vor Mietvertragsabschluss – wenn möglich mit einer zweiten Person („4-Augen-Prinzip“) – nochmals, ob die vereinbarte Wertsicherungsklausel korrekt vereinbart wurde (Valorisierung; Nennung jeweilige Index und Ausgangsmonat; Schwellenwert; Verständlichkeit der getroffenen Wertsicherungsvereinbarung; gesetzeskonforme Vereinbarung).
- Achten Sie bitte bei vorgefertigten Formularmietverträgen, ob hier ein Index und gegebenenfalls der Schwellenwert einzusetzen bzw. zu bestimmen sind (wie z.B. VPI…; Veränderung bei einer Indexänderung von mehr / weniger als 5 % / 10 %; Nichtzutreffendes ist zu streichen…).
- Führen Sie Wertsicherungen anhand der gesetzlichen bzw. vertraglich getroffenen Wertsicherungsvereinbarungen regelmäßig durch, damit keine Verjährung Ihrer Wertsicherungsbeträge bzw. kein genereller Verzicht auf eine Wertsicherung eintreten kann.
Wertsicherung bei Vermietung im Vollanwendungsbereich des MRG
Unbedingt zu beachten ist, dass sowohl eine Wertsicherung des Mietzinses/ Pauschalmietzinses / der Möbelmiete immer einer ausdrücklichen Vereinbarung bedarf.
Valorisierung der Kategoriemietzinse:
Für bestehende Mietverträge, die dem Kategoriemietzins unterliegen bzw. auch für neue Mietverträge von Wohnungen der Ausstattungskategorie „D unbrauchbar“ bzw. „D-brauchbar“ (für diese ist der Kategoriemietzins nach wie vor gültig) kommt die Valorisierung der Kategoriebeträge gemäß § 16 Absatz 6 MRG zur Anwendung. Bei der Berechnung der neuen Beträge sind Beträge, die einen halben Cent nicht übersteigen, auf den nächst niedrigeren ganzen Cent abzurunden und Beträge, die einen halben Cent übersteigen, auf den nächsthöheren ganzen Cent aufzurunden.
Wertsicherung des Richtwertmietzinses:
Hier kann entweder eine Wertsicherung gemäß den §§ 5 und 6 des Richtwertgesetzes (RichtWG) vereinbart werden oder eine Wertsicherung anhand eines Index (z.B. Verbraucherpreisindex 2015) mit einer Anpassung des Mietzinses nach oben oder unten bei einer Indexänderung von z.B. mehr als 3 % oder eine jährliche Anpassung nach oben oder unten anhand der Veränderung des vereinbarten Index, z.B. durch Vergleich der Monate Dezember Vorjahr mit Dezember des folgenden Jahres.
Teilweise wird in Mietverträgen im Vollanwendungsbereich des MRG bei Anwendung des Richtwertmietzinses nicht die Wertsicherung nach dem Richtwertgesetz vereinbart, sondern z.B. eine Wertsicherung mit einem Verbraucherpreisindex und Erhöhung bei Veränderung des vereinbarten Index von z.B. mehr als 3 %. Seitens der Lehre wird in einem solchen Fall jedoch darauf hingewiesen, dass sich nach § 16 Abs. 9 MRG aufgrund einer Wertsicherungsvereinbarung kein höherer Hauptmietzins ergeben darf, als er im Fall der Neuvermietung des Objekts zulässig wäre. Im Fall des Richtwertmietzinses darf somit die Wertsicherung nicht dynamischer ausgerichtet sein als die gesetzliche Valorisierung der Richtwerte nach § 5 Absatz 2 RichtWG. Sinnvollerweise sollen sich also solche Wertsicherungsvereinbarungen an § 5 Absatz 2 RichtWG bzw. § 16 Absatz 6 MRG orientieren.
Wertsicherung des angemessenen Mietzinses:
Der angemessene Mietzins (z.B. Vermietung zu Geschäftszwecken) wird in der Regel mit einer Wertsicherungsvereinbarung mit einem Index wertgesichert (zumeist mit einem Verbraucherpreisindex wie z.B. dem VPI 2015) und Indexsprung z.B. mehr als 3 % Veränderung / oder z.B. mehr als 5 % Veränderung oder es folgt eine jährliche Anpassung des Mietzinses / der Möbelmiete auf Grund der Veränderung des VPI z.B. durch Vergleich der Monate Jänner Vorjahr mit Jänner des folgenden Jahres.
Formale Anforderungen an Wertsicherungsbegehren und Frist für die Geltendmachung eines wertgesicherten Mietzinses im Vollanwendungsbereich des MRG
Dabei ist unbedingt zu beachten, dass die Geltendmachung der Wertsicherung durch den Vermieter schriftlich erfolgen muss. Weiters ist im Erhöhungsbegehren die Bezahlung des ziffernmäßig angegebenen neuen Mietzinses zu fordern (OGH 16.10.2007, 5 Ob 210/07d).
Ergibt sich durch die Anwendung einer Wertsicherungsvereinbarung ein höherer Hauptmietzins, so hat der Hauptmieter dem Vermieter den erhöhten Hauptmietzins von dem auf das Wirksamwerden der Indexveränderung (Abs. 6 dritter Satz) folgenden Zinstermin zu entrichten, wenn der Vermieter dem Hauptmieter in einem nach Wirksamwerden der Indexveränderung ergehenden Schreiben, jedoch spätestens 14 Tage vor dem Termin, sein darauf gerichtetes Erhöhungsbegehren bekanntgibt. Unter dem „Wirksamwerden“ ist der übernächste Monatserste, der der Verlautbarung der Indexänderung durch die Bundesanstalt Statistik Österreich folgt, zu verstehen. Wird das Erhöhungsbegehren für die Wertsicherung an den Mieter zu früh abgesandt, löst dies gar keine Rechtsfolgen aus (= keine gültige Wertsicherung).
Keine rückwirkende Geltendmachung einer Wertsicherung im Vollanwendungsbereich des MRG:
Im Vollanwendungsbereich des MRG ist eine rückwirkende Geltendmachung der Wertsicherung durch den Vermieter auf Grund der dazu ergangenen Rechtsprechung nicht zulässig (OGH 16.10.2007, 5 Ob 210/07d). Weiters darf im Vollanwendungsbereich des MRG durch eine Wertsicherung nicht das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten werden, da der Mieter den übersteigenden Betrag binnen drei Jahren ab Geltendmachung der Wertsicherung rückfordern kann.
Beispiel Ermittlung Höhe neuer Miezins infolge Wertsicherung:
Vereinbarter Mietzins: € 500,00
Ausgangswert: VPI 2015 Februar 2020: 107,8 Punkte
Schwellenwert: mehr als 5 %;
Indexsprung: bei mehr als 113,2 Punkten des VPI 2015
VPI 2015 November 2021: 113,4 Punkte (113,4 – 107,8 = 5,6 / 107,8 * 100 = 5,2 %)
Neuer Mietzins: 500,00 * 5,2 % = € 526,00
Wertsicherung bei Anwendung des Freien Mietzinses
Bei Vermietung im Teil- und Nichtanwendungsbereich des MRG bzw. im Vollanwendungsbereich des MRG bei Anwendung des Freien Mietzinses infolge vorzeitiger begünstigter Tilgung nach dem I. Rückzahlungsbegünstigungsgesetz 1971 (RBG 1971) gilt, dass eine Wertsicherung einer ausdrücklichen Vereinbarung bedarf. Im Teil- und Nichtanwendungsbereich des MRG bzw. infolge vorzeitiger begünstigter Tilgung nach dem RBG 1971 im Vollanwendungsbereich des MRG kommt bei der Vermietung der Freie Mietzins zur Anwendung. Dieser wird in der Regel gleichfalls mit einer Wertsicherungsvereinbarung mit einem Index wertgesichert (zumeist mit einem Verbraucherpreisindex wie z.B. dem VPI 2015) und Indexsprung z.B. mehr als 3 % Veränderung / oder z.B. mehr als 5 % Veränderung oder es folgt eine jährliche Anpassung des Mietzinses/ Pauschalmietzinses / der Möbelmiete auf Grund der Veränderung des VPI z.B. durch Vergleich der Monate Dezember Vorjahr mit Dezember des folgenden Jahres.
Im Unterschied zum Vollanwendungsbereich des MRG kann in solchen Fällen die Wertsicherung auch bis zu drei Jahre rückwirkend geltend gemacht werden (außer es wurde etwas anderes vereinbart wie z.B. Ausschluss einer rückwirkenden Geltendmachung der Wertsicherung oder z.B. rückwirkende Geltendmachung nur für ein Jahr).
Verzicht auf die Geltungmachung der Wertsicherung
Egal ob ein Mietverhältnis dem Voll-, Teil- oder Nichtanwendungsbereich des MRG unterliegt: Mitunter kommt es vor, dass Vermieter über lange Zeit hindurch keine Wertsicherung vornehmen. Hier stellt sich in der Praxis immer wieder die Frage: Wann ist dann von einem generellen Verzicht auszugehen? Dazu wurde durch die Rechtsprechung ausgesprochen, dass eine scharfe Grenze zwischen dem Verzicht auf Aufwertung überhaupt und der Verjährung einzelner Aufwertungsbeträge zu ziehen ist, wobei bei einem Verzicht strengere Anforderungen zu stellen sind (OLG Wien 26.02.1982, 12 R 191/81).
Zu dieser Thematik hat der OGH in einer Entscheidung ausgesprochen, dass etwa selbst die Nichteinforderung des erhöhten Mietzinsbetrags aufgrund einer Zinsanpassungsklausel über einen Zeitraum von 20 Jahren keinen schlüssigen Verzicht auf künftige Erhöhungsbegehren darstellt (OGH 24.07.2014, 1 Ob 129/14y). Wurde jedoch 23 Jahre hindurch von einer Wertsicherungsvereinbarung kein Gebrauch gemacht, ist von einem konkludenten Verzicht auf ihre Geltendmachung für die Zukunft auszugehen (LGZ Graz 31.01.1996, 3 R 346/95).