Der Erhalt der Pflanze steht im Vordergrund
Mag. Gerhard Schnögl vom Haus- und Grundbesitzerbund über die Rechte der Mitbesitzer als Nachbarn.
Frage: Wenn ich das Gesetz richtig verstehe, dann dürfen Pflanzen, die über die eigene Grundgrenze zum Nachbarn wachsen, von diesem ohne Rückfrage bis zur Grenze zurückgeschnitten werden. Heißt das, dass der Nachbar nach eigenem Gutdünken die Äste kürzen darf?
Mag. Gerhard Schnögl: Der Eigentümer von Pflanzen kann nicht gezwungen werden, seine überhängenden Äste zu entfernen. Es steht dem beeinträchtigten Nachbarn aber das Recht zu, den Überhang zu stutzen.
Die Entfernung überhängender Pflanzenteile ist vom beeinträchtigten Nachbarn nur unter entsprechender Schonung der Pflanzen möglich. Der Erhalt der Pflanzen steht im Vordergrund. So ist der Baumschnitt saisonal verträglich vorzunehmen, sodass die Pflanze in ihrer Entwicklung keinen Schaden nimmt. Wird durch die Entfernung von Ästen und Wurzeln die Standsicherheit eines Baumes beeinträchtigt, muss die Maßnahme gänzlich unterbleiben.
Der Einsatz rostiger Nägel, chemischer Keulen oder natürlicher Schädlinge ist unzulässig und führt zu Schadenersatzansprüchen des Eigentümers der Pflanze und kann verwaltungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Das Betreten des Nachbargrundstücks ist im Falle der Beseitigung überhängender Pflanzenteile nicht gestattet. Sofern der Baumschnitt nur unter Betreten der eigenen Liegenschaft nicht möglich ist, ist er zu unterlassen. Andernfalls droht eine Besitzstörungs- oder Unterlassungsklage, im schlimmsten Fall auch eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs.
Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der Kleinen Zeitung am 15. Juni 2017.